Ich streife durch meine Gegend und finde mich im zoologischen Garten in Landau wieder. Der liegt nahe der Universität in den Resten der ehemaligen Stadtbefestigung und ist für mich gut zu erreichen. Ich habe mich dort sogar schon mit den Schülern meiner Biologie-Leistungskurse getroffen. Wir haben uns über evolutionäre Anpassungen an ökologische Gegebenheiten ausgetauscht, uns um das Für und Wider der Zoohaltung gestritten und letzten Endes auch unseren Spaß beim Betrachten der Tiere gehabt.
Und natürlich zieht es mich wieder unwiderstehlich zu IHM. ER ist mir schon so oft aufgefallen. ER steht auf seinem kleinen Hügel im Erdmännchengehege und bewacht mit grimmiger Miene seinen Clan. ER steht den ganzen Tag an dieser Stelle, schaut mal nach vorne, mal nach hinten, bald nach der einen Seite, dann wieder zur Anderen...
Und natürlich zieht es mich wieder unwiderstehlich zu IHM. ER ist mir schon so oft aufgefallen. ER steht auf seinem kleinen Hügel im Erdmännchengehege und bewacht mit grimmiger Miene seinen Clan. ER steht den ganzen Tag an dieser Stelle, schaut mal nach vorne, mal nach hinten, bald nach der einen Seite, dann wieder zur Anderen...
ER ist...
DER WÄCHTER.
Eigentlich habe ich Zoos nie gemocht. Enge Tierknäste mit verhaltensgestörten Elefanten in viel zu kleinen Gehegen. Depressive Menschenaffen die den ganzen Tag traurig am Gitter herumhängen oder zornig auf Panzerglas eindreschen und verkrüppelte Flamingos die verstört auf der Wiese herumstehen. Aber die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch die zoologischen Gärten. Man hält immer weniger Tiere auf immer mehr Platz, Wildfänge sind inzwischen tabu und es gibt weltweite Nachzuchtprogramme für vom Aussterben bedrohte Tierarten. Natürlich hat sich auch meine Wahrnehmung verändert.
Ich nehme das 300er Tele und beobachte die Erdmännchen durch die Kamera. Irgendwo am Rand des kleinen Geheges wird fleißig gegraben. Dabei steckt eines der possierlichen Tierchen bis zum Bauch in einem Erdloch und schaufelt aus Leibeskräften Erde mit seinen Vorderbeinen zwischen den Hinterbeinen hindurch. Diesen Anblick möchte ich festhalten. Aber, wie auf ein geheimes Zeichen, steht auf einmal DER WÄCHTER im Bild und schaut mich durch das Teleobjektiv hindurch mit mürrischem Gesichtsausdruck an. Erst vor ein paar Tagen habe ich im Fernsehen einen lustigen Trickfilm gesehen. Unter anderem ging es um die Flucht einiger Zootiere aus dem New Yorker Zoo. Eine wichtige Rolle spielte hierbei eine Gruppe militärisch straff organisierter Pinguine und ein durch sie gebuddelter Fluchttunnel. "Die Erdmännchen wollen sich in die Freiheit graben, und DER WÄCHTER steht Schmiere." schießt es mir durch dem Kopf, und ich kann vor Lachen erst einmal nicht mehr fotografieren. Ein anderer Besucher ist inzwischen ebenfalls auf den Tunnelbauer aufmerksam geworden: "Was ist, wenn die Erdmännchen sich bis auf die andere Seite graben?" fragt ein kleines Mädchen seinen Vater.
Gar nicht zum Lachen war die Haltung der Zootiere noch vor wenigen Jahrzehnten: So wurden Braunbären früher in den so genannten Bärenzwingern gehalten. Das waren kahle, nach oben offene und an den Wänden betonierte Gruben, in denen sich die Einzeltiere meist zu dritt oder zu viert nicht aus dem Weg gehen konnten, denn Bärenzwinger waren erschreckend klein. So etwas habe ich noch vor etwas mehr als zehn Jahren sehen müssen - ich verrate jetzt nicht in welcher Stadt das war, denn man will ja niemanden anprangern. Unwürdig, so etwas! In Landau bietet sich dem Besucher ein anderes Bild: Zum Gelände des Zoos gehört ein Teil der ehemaligen Stadtbefestigungsanlage. Der Stadtgraben enthält heute kein Wasser mehr, sondern Bären. Und zwar erfrischend wenige. Das mit Bäumen und Büschen bepflanzte Gelände hat eine für Zooverhältnisse komfortable Größe, die Tiere können sich gut aus dem Weg gehen und müssen sich auch nicht vom Publikum angaffen lassen, wenn sie das nicht wollen. Als Besucher wird man über einen Steg in luftiger Höhe an dem Gehege vorbeigeführt, wenn man Glück hat, kann man einen Blick auf die Bären erhaschen, wenn nicht ist das auch gut, denn man hat wenigstens ein gutes Gewissen den Tieren gegenüber. Trotzdem bin ich mir sicher, dass Meister Petz lieber im Bayerischen Wald herumtoben würde, als im Stadtgraben von Landau. Aber wie es den Bären dort ergeht, haben wir ja vor einiger Zeit in den Nachrichten gesehen.
DER WÄCHTER hat sich inzwischen vor der Tunnelbaustelle auf den Boden geworfen. Er rollt eine Weile hin und her, und entfernt sich dabei nach und nach von dem Loch. Geschickt zieht er die Aufmerksamkeit der Beobachter auf sich indem er die putzigsten Possen reißt. Im Loch wird weiter gebuddelt. Wieder muss ich an die Trickfilmpinguine denken. "Nicht vergessen Leute: süß und knuddelig, süß und knuddelig!" raunt der Chef der Pinguinbande seinen Kumpanen zu, als sie auf der Flucht von der Polizei gestellt werden. Und auf dieses Kommando hin gebärden sich die Vögel so drollig, dass niemand auf die Idee kommt, ihnen eine absichtliche Flucht, verschlagene Planung oder gar militärischen Drill zuzutrauen. Ein genialer Schachzug.
Natürlich wünsche ich allen Zootieren kompromisslos die Freiheit. Aber Wunsch und Wirklichkeit passen nicht immer zusammen. Nehmen wir die Wildtiere Ghanas. Ghana passt zwar nicht unbedingt zu den Erdmännchen, ist aber trotzdem ein gutes Beispiel. Durch medizinische Versorgung und durch bessere Nahrungsmittelversorgung konnte die Sterblichkeit hier in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden - allerdings reden wir jetzt von den Menschen, nicht von den Menschenaffen. Da die Geburtenrate aber nicht im gleichen Maß gesenkt wurde, steigt die Bevölkerungszahl an. Und zwar schnell. In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Bevölkerung fast verdoppelt. Und dieses Mal ist Benedikt nicht einmal schuld, denn hier sind nur 10% der Menschen katholisch.
Ich nehme das 300er Tele und beobachte die Erdmännchen durch die Kamera. Irgendwo am Rand des kleinen Geheges wird fleißig gegraben. Dabei steckt eines der possierlichen Tierchen bis zum Bauch in einem Erdloch und schaufelt aus Leibeskräften Erde mit seinen Vorderbeinen zwischen den Hinterbeinen hindurch. Diesen Anblick möchte ich festhalten. Aber, wie auf ein geheimes Zeichen, steht auf einmal DER WÄCHTER im Bild und schaut mich durch das Teleobjektiv hindurch mit mürrischem Gesichtsausdruck an. Erst vor ein paar Tagen habe ich im Fernsehen einen lustigen Trickfilm gesehen. Unter anderem ging es um die Flucht einiger Zootiere aus dem New Yorker Zoo. Eine wichtige Rolle spielte hierbei eine Gruppe militärisch straff organisierter Pinguine und ein durch sie gebuddelter Fluchttunnel. "Die Erdmännchen wollen sich in die Freiheit graben, und DER WÄCHTER steht Schmiere." schießt es mir durch dem Kopf, und ich kann vor Lachen erst einmal nicht mehr fotografieren. Ein anderer Besucher ist inzwischen ebenfalls auf den Tunnelbauer aufmerksam geworden: "Was ist, wenn die Erdmännchen sich bis auf die andere Seite graben?" fragt ein kleines Mädchen seinen Vater.
Gar nicht zum Lachen war die Haltung der Zootiere noch vor wenigen Jahrzehnten: So wurden Braunbären früher in den so genannten Bärenzwingern gehalten. Das waren kahle, nach oben offene und an den Wänden betonierte Gruben, in denen sich die Einzeltiere meist zu dritt oder zu viert nicht aus dem Weg gehen konnten, denn Bärenzwinger waren erschreckend klein. So etwas habe ich noch vor etwas mehr als zehn Jahren sehen müssen - ich verrate jetzt nicht in welcher Stadt das war, denn man will ja niemanden anprangern. Unwürdig, so etwas! In Landau bietet sich dem Besucher ein anderes Bild: Zum Gelände des Zoos gehört ein Teil der ehemaligen Stadtbefestigungsanlage. Der Stadtgraben enthält heute kein Wasser mehr, sondern Bären. Und zwar erfrischend wenige. Das mit Bäumen und Büschen bepflanzte Gelände hat eine für Zooverhältnisse komfortable Größe, die Tiere können sich gut aus dem Weg gehen und müssen sich auch nicht vom Publikum angaffen lassen, wenn sie das nicht wollen. Als Besucher wird man über einen Steg in luftiger Höhe an dem Gehege vorbeigeführt, wenn man Glück hat, kann man einen Blick auf die Bären erhaschen, wenn nicht ist das auch gut, denn man hat wenigstens ein gutes Gewissen den Tieren gegenüber. Trotzdem bin ich mir sicher, dass Meister Petz lieber im Bayerischen Wald herumtoben würde, als im Stadtgraben von Landau. Aber wie es den Bären dort ergeht, haben wir ja vor einiger Zeit in den Nachrichten gesehen.
DER WÄCHTER hat sich inzwischen vor der Tunnelbaustelle auf den Boden geworfen. Er rollt eine Weile hin und her, und entfernt sich dabei nach und nach von dem Loch. Geschickt zieht er die Aufmerksamkeit der Beobachter auf sich indem er die putzigsten Possen reißt. Im Loch wird weiter gebuddelt. Wieder muss ich an die Trickfilmpinguine denken. "Nicht vergessen Leute: süß und knuddelig, süß und knuddelig!" raunt der Chef der Pinguinbande seinen Kumpanen zu, als sie auf der Flucht von der Polizei gestellt werden. Und auf dieses Kommando hin gebärden sich die Vögel so drollig, dass niemand auf die Idee kommt, ihnen eine absichtliche Flucht, verschlagene Planung oder gar militärischen Drill zuzutrauen. Ein genialer Schachzug.
"Alles halb so wild, in Ghana wird ohnehin traditionell viel Fisch gegessen, und die Fischgründe vor der Küste sind reich." werden Sie vielleicht jetzt einwenden. "Doch ein Problem, denn die Meere rund um Europa leiden an Überfischung." würde ich ihnen dann antworten. Die hoch subventionierten europäischen Fabriktrawler weichen immer häufiger an die afrikanischen Küsten aus. Die Lizenzen dafür gibt es in jedem Drittweltland für einen Appel und ein Ei, oder man bleibt gleich in internationalen Gewässern und fischt die mit kilometerlangen Schleppnetzen buchstäblich leer. Das Ergebnis ist immer das gleiche: die einheimischen Fischer fangen immer weniger. Und wenn der Hunger kommt, besinnt man sich auf eine alte Tradition zur Überbrückung von Notzeiten: Bushmeat. Als Bushmeat bezeichnen die Menschen dort die Tiere, die man in den Savannen und den Regenwäldern jagen kann. Gegessen wird in der Not quasi alles, was nicht zurückschießt. Und das sind nicht selten alte Bekannte aus den Zoos: Warzenschweine, Antilopen, Schimpansen, Paviane, Gazellen...
DER WÄCHTER startet als Geheimwaffe jetzt seine Charmeoffensive. Er räkelt sich genießerisch mit halb geschlossenen Augen im Sand und niemand außer mir beobachtet den Tunnelgräber. Der ist inzwischen ohnehin kaum noch zu sehen, da er fast in seinem Loch verschwindet. Die Erdmännchen haben meine volle Sympathie und ich habe beschlossen, sie nicht zu verpfeifen. Als mich DER WÄCHTER noch einmal kurz anschaut, kann ich mir ein verschwörerisches Zwinkern nicht verkneifen. ER zwinkert zurück, ermahnt mich noch einmal, süß und knuddelig zu bleiben und wälzt sich unter den "Ach wie goooldig!"-Rufen der Zoobesucher wieder im Sand.
Sehr nachdenklich verlasse ich den Zoo.
Erdmännchen sind einfach putzige Viecherl. Allein vom Gesichtsausdruck so eine herrliche Mischung zwischen doof und gewitzt.
AntwortenLöschenHallo Adolf, danke für deinen Kommentar. Gib dir nen Ruck und hol die Kiste aus dem Keller. Das sind Eckpunkte deines Lebens... und wahrscheinlich warst du damals sehr glücklich. Also hol dir diese Momente wieder bei.
AntwortenLöschenMit meinem Buch bei blurb bin ich sehr zufrieden 120 Seiten für knappe 40 Euro incl. Express Porto.
Super Qualität besser als DM Drogerie und alles in Deutschland...
Gruß
Gina
Schöner Text und schöne Fotoserie.
AntwortenLöschenBin auch froh, dass die zooologischen Gärten immer mehr in moderne Gehege investieren und eher ihrer Artenreichtum verkleinern, als Tiere einzuzwängen. In Erfurt hat eine kleine Gruppe Erdmännchen 1 riesiges Außengehege verbunden mit einem großen Innengehege. Ganz toll find ich auch den Wuppertaler Zoo, die so viel für eine artgerechte Haltung von Humboldt- und Königspinguinen getan haben.
Viele Grüße, Melanie