Das Leihmopped habe ich an anderer Stelle bereits vorgestellt. Man beachte den Kaisermantel, der sich den rechten Zylinder des Motors ganz genau anschaut. |
Außerdem ist da ja noch das „Nebenthema“ der letzten drei Folgen dieses Blogs: Insektensterben. Sie hatte wohl gehofft, dass ich das vergessen habe, nicht wahr? Bislang ist immer noch die Frage offen, was wir, also Sie und ich, dagegen unternehmen können. Ich will mich hier nicht als Fachmann aufspielen. Aber immerhin bin ich ausgebildeter Geograph und Biologe. Das Thema meiner ersten Staatsarbeit war die Schädlingsbekämpfung, deshalb habe ich mich über ein halbes Jahr lang sehr intensiv mit den Lebensbedingungen von Insekten sowie mit der Wirkungsweise von Insektiziden beschäftigt. Ich gebe zu, dass ich schon lange keine Universität mehr von innen gesehen habe, vermutlich sind meine Kenntnisse deshalb nicht in jedem Bereich auf dem neuesten Stand. Aber sie sind da. Ich kann beobachten und ich kann fundierte Schlussfolgerungen ziehen die ich auf Nachfrage auch gerne begründe:
Ich sehe drei Bereiche, in denen dringender Handlungsbedarf besteht: Landwirtschaft, kommunale und regionale Planung und schließlich die Ebene der Privathaushalte. Meine Schlußfolgerungen erheben nicht den Anspruch, wissenschaftlich untermauert zu sein. Ich lasse mich an dieser Stelle auch gerne auf Diskussionen ein und mich gegebenenfalls auch gerne von Fachleuten eines Besseren belehren. Nutzen Sie dafür die Kommentarfunktion des Blogs. Aber bitte ersparen Sie mir Stammtischparolen.
Im Stillen Tal ist es nicht ohne Grund still. Ich prangere das an! |
Neugierig umschwirren mich verschiedene fliegende Tiere. Allerdings...
Gierig ist hier sicher der treffendere Ausdruck. Einfach nur gierig, ohne „neu“. Ganz offensichtlich handelt es sich hier um solche Fluginsekten, die es weniger auf goldenen Nektar abgesehen haben als vielmehr auf rotes Blut. Auf mein Blut. Von allen Seiten fallen Sie über mich her. Zunächst nur an frei liegenden Hautpartien an Gesicht, Hals und Armen, bald spüre ich aber ihre Stiche auch an Stellen, die eigentlich von Stoff bedeckt sind. Es ist wie in einem Horrorfilm. Während ich eilig die Flucht ergreife, kommt mir eine Idee zur Namensgebung des „Stillen Tals“. Vermutlich ist es deshalb so still hier, weil es unter dem Regiment der blutrünstigen Kerbtiere niemand lange aushält. Ein paar Forellen, in den Weiher des Tals eingesetzt, könnten in diesem Zusammenhang Wunder bewirken. Vielleicht habe ich heute morgen auch einfach nur das falsche Duschgel benutzt.
Beginnen wir mit der Landwirtschaft. Und ja! Mir ist durchaus klar, dass Landwirte unter hohem Erfolgsdruck stehen. Dass allerlei Sachzwänge auf Landwirte einwirken und ihren Handlungsspielraum einengen. Deshalb können nur die Landwirte selbst entscheiden, welcher meiner Vorschläge überhaupt realisiert werden kann.
- Informieren Sie sich über Prinzipien biologischen Landbaus. Lassen Sie sich von entsprechenden Fachleuten beraten oder lesen Sie Bücher zum Thema, zum Beispiel die von Heinz Erven, einem Pionier des ökologischen Landbaus.
- Wenden Sie so viele Prinzipien des ökologischen Landbaus an, wie es Ihnen möglich ist oder stellen Sie ganz auf biologische Landwirtschaft um. Sorry, aber alles Andere ist mit Spatzen auf Kanonen geschossen.
- Nehmen Sie am Ackerrandstreifenprogramm Teil. In einigen Bundesländern erhalten Sie dafür Ausgleichszahlungen für entgangene Ernteerträge. Außerdem werden Sie auf den verbleibenden Flächen bald weniger Pestizide einsetzen müssen, weil sich auf Ackerrandstreifen natürliche Gegenspieler der Pflanzenschädlinge entwickeln.
- Wenn möglich, lassen Sie Vielfalt zu. Manche Gemüsepflanze schreckt die Schädlinge anderer Gemüsesorten ab. Jede Pflanzenart benötigt andere Mineralien, durch Vielfalt erhalten Sie langfristig auch die Bodenfruchtbarkeit. Auch zu dieser Methode gibt es Literatur und Fachleute, die Sie sicher gerne beraten. Nutzen Sie diese Möglichkeiten.
- Wenn möglich erhalten Sie Hecken oder schaffen sogar neue davon. Und ich meine hier keineswegs kubisch frisierte Buchsbaumhecken - im biologischen Sinn ist das keine Hecke, sondern überflüssig. Ich meine die Hecken, die es in der guten, alten Zeit immer zwischen benachbarten Äckern gegeben hat, auf Lesesteinwällen oder ungünstig geschnittenen Grundstücksteilen auf natürliche Art und Weise von selbst entstanden und dann bei diversen Flurbereinigungen verloren gegangen sind. Solche Hecken schaffen nicht nur einen ausgezeichneten Schutz gegen Winderosion, sie beherbergen auch zahlreiche Arten, die Sie im Kampf gegen Schädlinge unterstützen. Auch zu diesem Punkt kann man sich von Naturschutzverbänden beraten lassen. Fragen Sie gezielt nach dem Stichwort „Benjeshecke“. Das ist die mit Abstand günstigste Methode, eine Naturnahe Hecke anzulegen.
Das Wimmelgebüsch im Edenkobener Tal. |
Das Tagpfauenauge wollte mir partout nicht seine Flügel zeigen. |
Führen wir das Nebenthema fort. Es entwickelt sich mehr und mehr zum Hauptthema.
Kommunale und regionale Verwaltung:
Auch hier ist mir durchaus bewusst, dass Raumplanung nicht nur eine Interessengruppe im Blick behalten darf. Mir ist ebenfalls klar, dass Ihnen durch Bundes- und Europarecht in vielen Fällen die Hände gebunden sind. Aber es sind ja auch nur Vorschläge, schauen Sie halt, welche Sie berücksichtigen können:
- Lassen Sie sich beraten von Fachleuten, die sich mit Ökologie und Stadtplanung auskennen.
- Bepflanzen Sie ihre Städte mit so vielen Blütenpflanzen, Bäumen und Büschen wie möglich. Denken Sie dabei auch an Fassaden. Achten Sie bei der Auswahl darauf, dass es sich um einheimische Pflanzen handelt oder um solche, die von heimischen Insekten als Futterpflanzen angenommen werden. Regen Sie auch ihre Bürger dazu an. Straßenränder können mit Mischungen einheimischer Wiesenpflanzen begrünt werden. Das sieht viel besser aus als kurz geschorener Rasen und ist ökologisch viel wertvoller. Ziehen Sie bei der Bepflanzung von Grünanlagen auch essbare Pflanzen in Betracht. Die Stadt Andernach hat in diesem Zusammenhang gute Erfahrungen auf allen möglichen Ebenen gemacht.
- Berücksichtigen Sie Nistmöglichkeiten. Hilfreich ist zum Beispiel ein Komposthaufen in jeder städtischen Grünanlage oder auf dem Friedhof. Denkbar sind auch Insektenhotels sowie Vogelnistkästen. Oder einfach hie und da ein großes Stück Totholz. Muss ja niemand zu sehen bekommen.
- Bringen Sie Wasser in die Stadt: Bachläufe mit natürlicher oder naturnaher Uferbepflanzung statt betonierte Fließrinnen. Wenn Sie können lassen Sie dem Bach etwas mehr Platz, das ist aktiver Hochwasserschutz. Lassen Sie Tümpel und Teiche in Parkanlagen anlegen - vergessen Sie aber bitte nicht die Fische, die die Mücklarven in Schach halten.
- Vermeiden Sie den Einsatz von Insektiziden. Wenn sich ein Schädling über Gebühr vermehrt, dann fehlt oft einfach nur ein natürlicher Feind.
- Zerhächseln Sie Pflanzenschnitt nicht sofort. Bevorzugen Sie Mähtechniken, die möglichst vielen Kleintieren eine Chance gibt.
Insektenhotel XXL, gesehen an der Weinstraße. |
Privatleute können auch etwas tun.
- Lassen Sie sich beraten bei ihrer Grundstücksbepflanzung. Die Experten der Naturschutzverbände tun das gerne und kostenlos. Achten auch Sie auf einheimische Pflanzen oder solche, die von heimischen Insekten als Futterpflanzen angenommen werden. Sommerflieder (auch Schmetterlingsflieder genannt - raten Sie, warum.) ist immer eine gute Idee. Der ist zwar aus Asien eingeschleppt, aber unsere heimischen Insekten können gar nicht genug davon bekommen. Nehmen Sie Sommerflieder. Sie werden Ihren Spaß haben.
- Vermeiden Sie versiegelte Flächen. Wenn Sie unbedingt auf Ihren Vorgarten als Autostellplatz angewiesen sind, verwenden Sie sog. Rasengittersteine. Dann können Sie hier Ihr Auto abstellen und trotzdem noch eine Blumenwiese einsähen.
- Vermeiden Sie den Einsatz von Insektiziden. Wenn sich ein Schädling über Gebühr vermehrt, dann fehlt oft einfach nur ein natürlicher Feind.
- Zerhächseln Sie Pflanzenschnitt nicht sofort. Bevorzugen Sie Mähtechniken, die möglichst vielen Kleintieren eine Chance gibt.
- Meiden Sie kurz geschorenen Rasen. Lassen Sie Vielfalt zu und auch etwas Unordnung. Rasen ist ökologisch praktisch wertlos.
- Eine Benjeshecke kann man auch in einem Privatgarten anlegen. Auch ein selbst gebautes Insektenhotel macht viel Freude und ist ökologisch wertvoll. Nur die aus dem Baumarkt sind nicht so toll. Nicht selten ist das Holz behandelt, und das mögen Insekten gar nicht.
Auch in Hambach versperrt mir eine Baustelle den direkten Heimweg. Macht nix. So komme ich noch einmal in den Wald. Hinauf! Hinauf auf‘s Schloß! Als ich in die Eichstraße einbiege spüre ich an meiner rechten Schulter einen Stich. Ich ertaste mit der linken Hand ein etwa zwei Millimeter dickes und einen Zentimeter langes Krabbeltier. Ohne zu zögern ziehe ich es aus meinem T-Shirt. "Du blödes, widerliches Mistvieh!" denke ich. "Wahrscheinlich sitzt du da schon seit zweieinhalb Stunden und freust dich kichernd darauf, zuzustechen." Ich unterziehe das Insekt einem Dimensionsdowngrade. Eben war es noch dreidimensional und im nächsten Augenblick hat es schon eine Dimension weniger. Wenn es um mein eigenes Blut geht verstehe ich keinen Spaß. Das brauche ich, bei aller Insektenliebe, selber, und zwar jeden Tropfen.
P.S.: Normalerweise flicke ich meine Geschichten aus den Erinnerungen an mehrere, manchmal zeitlich weit voneinander getrennten Ausflügen zusammen. Die eben beschriebene Tour bin ich aber genau so tatsächlich gefahren. Wer diese einmal ausprobieren möchte folge bitte diesem Link für eine Karte.
P.P.S.: Die Erlebnisse im Stillen Tal habe ich aus dramaturgischen Gründen schamlos aufgeblasen und völlig übertrieben dargestellt. Es ist wirklich sehr schön dort und bei nächster Gelegenheit werde ich auch das dortige Gasthaus einmal ausprobieren. Es genießt einen guten Ruf.
P.P.P.S.: Hier sammle ich ab jetzt Links zum Thema:
https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/hautfluegler/hummeln/02636.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen